Anhörung zum Biosphärenreservat im Südharz: Leserbrief II

Foto: BUND Kreisverband Nordhausen
Foto: BUND Kreisverband Nordhausen

An dieser Stelle veröffentlichen wir den Leserbrief an die „Neue Nordhäuser Zeitung“ (NNZ) von Herrn Rolf Richter aus Neustadt/Harz.

Wie anders könnte man sich sonst Schreckworte wie „Kalte Enteignung“, „Tod auf Raten“ oder „Wertevernichtung“ erklären? Auch sachlichere Begriffe wie „Betretungsverbot“ und „Sammelverbot“ sprechen von diffusen Ängsten in der Bevölkerung. Solche Ängste wollen ernst genommen werden, aber sie zu wecken und zu bedienen, ist ein Leichtes. Jedoch keine dieser Vorstellungen von einem Biosphärenreservat ist durch die geltenden Regelungen gedeckt, weder durch die nationalen noch durch die internationalen.
Im Zeitalter des Internets wundert diese Unkenntnis, denn jedermann kann sich über die tatsächliche Gesetzeslage schnell kundig machen, z.B. bei Wikipedia: „In einem Biosphärenreservat sollen nicht nur Natur und Landschaft geschützt, sondern v.a. die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung gefördert sowie Bildung, Forschung und Umweltbeobachtung unterstützt werden. Im anzustrebenden Ideal ergänzen sich ökonomische und ökologische Maßnahmen. Die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung ist unerlässlich. In Biosphärenreservaten geht es daher in erster Linie um die Bewahrung der vom Menschen geschaffenen Kulturlandschaften, und nur in geringerem Maße um Naturschutz von Wildnisgebieten. Immer mehr geht es heute auch um Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Weitere Schwerpunkte sind die Vermarktung regionaler Produkte und die Förderung des ländlichen Raums vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung.…“
Wer weiter liest, findet Regelungen für die Jagd und die Fischerei, für die Land- und Forstnutzung und – das ist für uns als Urlaubsregion besonders wichtig – für ein naturorientierte touristische Nutzung bis hinein in die Kernzone.
Nun muss man es noch einmal sagen: Als Kernzone sollten etwa 3% der Gesamtfläche eines Biosphärenreservats, im Südharz also ca. 900 ha, ausgewiesen werden. Folgt man der Darlegung der Unteren Naturschutzbehörde an diesem Tage, dann ist schon heute das Allermeiste davon als aus der Nutzung genommene Naturschutzfläche im Gebiet vorhanden, und über den Rest muss man reden. Der von einigen an diesem Tag geforderte und von der Landesregierung im Koalitionsvertrag versprochene moderierte Diskussionsprozess sollte endlich in Gang kommen. Dann könnte vieles aufgeklärt und manches geklärt werden.
Weltweit gibt es heute über 600 Biosphärenreservate in 117 Ländern der Erde – allein in Deutschland sind es 15 – und ich vermute, es leben und entscheiden in diesen Reservaten nicht die dümmstem Menschen unserer Zeit. Vielleicht ändern ja auch bei uns einige bisherige Gegner nach besserer Einsicht gerne ihre Meinung, wie Konrad Adenauer es gelegentlich tat und nach einen solchen Schritt einmal sagte: „Niemand kann mich daran hindern, jeden Tag ein bisschen klüger zu werden.“
Rolf Richter, Neustadt/Harz