
Nachruf zum Tag des Waldes für ein Stück unwiederbringlich vernichtetes Stück Gipskarst am Himmelsberg
Der BUND Kreisverband Nordhausen fühlt sich angesichts des Eindrucks, den die erneute Rodung am Himmelsberg hinterlässt, in seinen Vorhersagen vom Februar diesen Jahres (Thüringer Allgemeine vom 18.02.2015) bestätigt.
Der Lärm und die Erschütterungen des als Schrapper im Tagebau am Himmelsberg eingesetzten Gerätes dringt bis weit in das benachbarte Naturschutzgebiet. „Genau 2 Arbeiter waren in den 2 Steinbrüchen während unserer Begehung am Himmelsberg tätig, doch der Lärm, der durch die Arbeit verursacht wurde, war einfach unwirklich“, berichtet der Sprecher des BUND Kreisverbandes Nordhausen, Christian Darr.In jedem Gewerbegebiet herrsche mehr Ruhe als in diesem Waldstück, ergänzt er immer noch ungehalten. Das Vogelgezwitscher, eigentlich ein untrügliches Zeichen für den herannahenden Frühling und das bevorstehende Brutgeschäft, war völlig verstummt. Die Wildkatze durch die Erschütterungen vertrieben, die Waldorchideen ihres Standortes beraubt, die Dachshöhle zerstört. Irritiert umher fliegende Spechte suchen nach neuen Quartieren. Nicht alle Tiere werden im benachbarten Naturschutzgebiet eine neue Heimat finden, meint Darr. Der Konkurrenzdruck werde größer, denn jeder neue Bewohner beansprucht neue Nahrung und sein eigenes Revier. Der BUND ist davon überzeugt, dass sich das Artensterben fortsetzen wird, wenn mit der Gipskarstlandschaft so weiter verfahren werde. Es sei offensichtlich, dass der Gipsabbau viel schneller voranschreite, als sich diese Landschaft von den schwerwiegenden Eingriffen erholen könne.
Enttäuscht zeigt sich der BUND Kreisverband auch von der Einstellung des für die Waldrodungen im Tagebaubereich zuständigen Forstamtes Bleicherode/Südharz. Der Vizechef Knut Apel hatte die Versagung der Rodung als unangemessen bezeichnet („Forstamt verteidigt Baumfällungen wegen Gipsabbau am Himmelsberg“ – Thüringer Allgemeine vom 20.02.2015). „Unangemessen“, so Darr, „sind unseres Erachtens der mittlerweile augenscheinliche Umfang der Waldzerstörung im Gipskarst und die mangelnde Einflussnahme der zuständigen Behörden auf die gesetzlich vorgeschriebene Renaturierung und Aufforstung“. Hier gäbe es eine Tendenz, die vom BUND so nicht weiter geduldet wird und gegenwärtig einer rechtlichen Prüfung unterliegt.
Darr weist darauf hin, dass erst auf Einwirken des BUND Landesverbandes Thüringen überhaupt für die bereits gerodeten Flächen eine Ersatzaufforstung geleistet wurde. Bisher sei knapp mehr als die Hälfte des Waldes innerhalb des Bewilligungsfeldes Himmelsberg gerodet. Fast 7 ha sollen insgesamt dem Gipsabbau im Bewilligungsfeld der niedersächsischen Firma zum Opfer fallen. Zusammen mit dem Steinbruch Rüsselsee, in dem das Ellricher Unternehmen CASEA abbaut, sind das 23 ha Waldfläche, die zur Debatte stehen. Dass nunmehr eine Fläche bei Klettenberg für die Aufforstung gefunden sei, wie Apel stolz verkündete, müsse ebenfalls hinterfragt werden. Sollte es sich tatsächlich um eine für die Natur bereits im derzeitigen Zustand hochwertige Brachfläche handeln, sei dies aus naturschutzfachlicher Sicht schlichtweg nicht tragbar. Das Gips abbauende Unternehmen ist nach Auffassung des Umweltverbandes in der Pflicht, langfristige Vorarbeit für den Erwerb von geeigneten Flächen zu leisten. „Hier beißt sich die Katze offensichtlich in den Schwanz“, resümiert Christian Darr. „Und überhaupt“, moniert er weiter, “wieso muss für die realisierte Rodung erst in 2 Jahren aufgeforstet werden?“ Seit 2006 gibt es die Bewilligung des Bergamtes. Das Forstamt hatte spätestens seit dieser Zeit Kenntnis von dem bergbaulichen Vorhaben und wurde im Zuge der Erstellung bzw. Änderung des Regionalen Raumordnungsplanes als auch im Zuge des Hauptbetriebsplanes angehört. Es wusste insofern, was die Stunde am Himmelsberg geschlagen hat, resümiert der Sprecher des Umweltverbandes.
Wo, fragt der BUND Kreisverband, ist das Engagement zur Renaturierung des in Walkenried ansässigen, am Himmelsberg abbauenden Unternehmens? Darr verweist auf die bis in den Thüringer Landtag verteilten Hochglanzbroschüren von Saint-Gobain Formula, auf denen die heile Welt suggeriert werde.
Angesichts der Äußerung des Sprechers von Saint Gobain (Thüringer Allgemeine vom 20.02.2015), dass der Abbau am Himmelsberg noch bis zum Jahr 2025 vonstatten geht und erst anschließend im Tagebau renaturiert würde, gibt es nach Auffassung des BUND große Diskrepanzen zwischen Versprechungen und realer Leistung.
Der Umweltverband fordert die am Himmelsberg abbauenden Gipsunternehmen auf, ein Flächen- und Qualitätsmanagement für die Renaturierung einzuführen, das öffentlich vorgestellt wird und nachprüfbar ist. Was sich zwischen Bergamt und beteiligten Behörden abspielt, ist weder für den Umweltverband noch für die Bevölkerung nachvollziehbar. Der BUND Kreisverband macht, angesichts der von der Gipsindustrie stringent vorangetriebenen Flächenankäufe für neue Abbaugebiete am Beispiel der Rüdigsdorfer Schweiz, deren Strategie offensichtlich wesentlich stärker auf die Eroberung neuer Abbaugebiete ziele, als auf die Frage des Umgangs mit den „Hinterlassenschaften“. Der BUND ermuntert die Vertreter der kommunalen Parlamente auch angesichts des demografischen Wandels die Gestaltung des Wohnumfeldes als Standortfaktor stärker in ihre Betrachtungen der regionalen Entwicklung der jeweiligen Gemeinde einzubeziehen.