Dass ehrenamtliches Engagement den Rückgang von Wuchsorten bedrohter Pflanzenarten entgegen dem allgemeinen Trend verlangsamen oder gar aufhalten kann, dafür gibt es im Landkreis Nordhausen belastbare Beweise. Die gezielten landschaftspflegerischen Einsätze des BUND-Kreisverbandes Nordhausen sind Teil eines umfassenden Konzeptes…
Dieses ist sozusagen in Nordhausen entwickelt worden und beschäftigt sich mit dem „wuchsortbezogenen Artenschutz“. Oftmals befinden sich die nicht selten weithin letzten Wuchsorte bedrohter Arten auf abgelegenen oder wirtschaftlich uninteressanten Splitterflächen.
Im Rahmen der floristischen Kartierung des Landkreises Nordhausen wurden viele von ihnen seit den 90er Jahren aufgesucht und hinsichtlich Arteninventar und Zustand analysiert. Die dabei erkannte Handlungsnotwendigkeit führte zu hunderten ehrenamtlichen Kleinstmaßnahmen, die den Verlust von Dutzenden Wuchsorten bedrohter Gefäßpflanzenarten verhindern halfen.
Einige, besonders seltene oder selten gewordene Arten werden zudem in so genannten Erhaltungskulturen vermehrt. Bedingt durch die zunehmende Zahl und Größe der zu pflegenden Wuchsorte bedrohter Arten werden seit 2010 Einsätze des BUND-Kreisverbandes durchgeführt. Das „Referenzprojekt Artenschutz“ des Autors gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband Südharz-Kyffhäuser rundet den wuchsortbezogenen Artenschutz im Landkreis ab, der nur in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde, mit der Forstbehörde und mit den Eigentümern sowie Pächtern realisiert werden kann.
Durch die BUND-Einsätze wurde es möglich, größere Flächen zu pflegen und damit die Effektivität der Maßnahmen zu erhöhen. Das Gemeinschaftserlebnis, der stundenlange, körperlich aktive Aufenthalt an landschaftlich reizvollen Örtlichkeiten und das Gefühl, etwas Sinnvolles getan zu haben, hat zu einer schönen Regelmäßigkeit dieser Einsätze geführt. Im Abstand von vier bis acht Wochen lädt der BUND-Kreisverband dazu ein.
Am vergangenen Sonnabend war es wieder so weit: Acht Enthusiasten trafen sich im neuen Naturschutzgebiet Harzfelder Holz, um unter anderem einen seit langem verbuschenden Halbtrockenrasen von jüngerem Schlehenbewuchs zu befreien und eine erste Mahd durchzuführen. 800 m² wurden zunächst gepflegt. Die Ablagerung der Zweige erfolgte heckenartig am Rand des Halbtrockenrasens. Dadurch entsteht eine zusätzliche Struktur, die Kleinsäugern und Reptilien als Biotop dienen kann.
Von 10 bis 17 Uhr war die Gruppe im Einsatz, wobei besonders die Teilnahme der Sondershäuser Helga und Karl-Heinz Junker hervorzuheben ist. Michaela Sorgatz aus Nordhausen beteiligte sich zum ersten Mal an einem BUND-Einsatz. Sie bereicherte den unter freiem Himmel besonders wohlschmeckenden Imbiss mit ausgesuchter vegetarischer Kost.
Das längerfristige Ziel besteht darin, unter anderem die wenigen Halbtrockenrasen des Naturschutzgebietes Harzfelder Holz wieder in einen optimalen Zustand zu versetzen. Sie übernehmen eine wichtige Trittsteinfunktion zwischen den Halbtrockenrasen der NSG Pfaffenköpfe, Alter Stolberg und Rüdigsdorfer Schweiz. Im NSG Harzfelder Holz konnten zahlreiche bedrohte und geschützte Pflanzenarten nachgewiesen und bisher erhalten werden. Auch die Fledermausfauna ist bemerkenswert.
Dringend notwendig zur weiteren Verbesserung der Situation unserer Halbtrockenrasen wäre eine Wiederbelebung der Schaf-und Ziegenbeweidung und eine massive Unterstützung der beiden letzten verbliebenen Herden im Raum Buchholz und Harzungen/Petersdorf. Denn die Notwendigkeit ehrenamtlichen Engagements im Naturschutz ist auch Ausdruck des großen Widerspruchs zwischen politischen Zielen, Verordnungen und deren Umsetzung in der Praxis. Der landesweit kaum gebremste Rückgang der allermeisten bedrohten Arten hat bisher nicht zu wirksamen Gegenmaßnahmen geführt. Dabei gab es bereits 1937 ein Naturschutzgesetz.
Der BUND-Kreisverband Nordhausen plant auch eine weitere technische Aufrüstung: Neben den beiden leistungsstarken Freischneidern (einer davon privat, der andere gefördert durch die Thüringer Naturstiftung David) soll möglichst schon bald ein geländegängiger Mäher zum Einsatz kommen. Anzahl und Größe der vom BUND gepflegten Flächen könnte sich in den kommenden Jahren weiter erhöhen.
Bodo Schwarzberg