Das ist ein Ziel des BUND-Kreisverbandes Nordhausen, das mit den in den Verordnungen unserer Naturschutzgebiete enthaltenen, von staatlicher Seite oft vernachlässigten Zielstellungen zusammenfällt…
Nachweislich war es seit der Wende vielfach durch ehrenamtliches Engagement möglich, bedeutende Wuchsorte bzw. Vorkommen bedrohter Pflanzenarten zu erhalten, an die meist auch zahlreiche Tierarten gebunden sind.
Beim 60. landschaftspflegerischen Einsatz des BUND-Kreisverbandes Nordhausen seit 2010 stand die Mahd eines Flachmoors im Naturschutzgebiet Rüdigsdorfer Schweiz im Mittelpunkt. Gerade, weil dieses Naturschutzgebiet in erster Linie durch seine auf Trockenheit spezialisierten Wiesen und Wälder bekannt ist, stellt die Erhaltung dieses exklusiven Feuchtgebietes eine wesentliche Schutzaufgabe dar. Auf Grund der Seltenheit derartiger, teils noch nährstoffarmer Feuchtbiotope im Gipskarst sind diese auch mit besonders großer Dringlichkeit zu erhalten.
Acht Enthusiasten fanden sich am vergangenen Sonnabendvormittag ein, um diese alljährlich anstehende Aufgabe zu erfüllen. Besonders erfreulich war die Teilnahme von drei Jugendlichen. Artenschutz und hier vor allem der ehrenamtliche aktive Artenschutz draußen in den Schutzgebieten, das ist eine generationenübergreifende Aufgabe, was umso mehr gilt, als die Politik nicht in der Lage und nicht wirklich gewillt ist, den Artenrückgang zu stoppen. Die Zukunft des Ehrenamtes im aktiven Natur- und Artenschutz ist wahrscheinlich eher sicherzustellen, als die so dringend notwendige Kontinuität der Politik bei der Erhaltung unser aller Lebensgrundlagen in unserer gegenwärtigen Gesellschaft.
Zunächst gab es eine Einführung in die Bedeutung des Flachmoors für das Naturschutzgebiet Rüdigsdorfer Schweiz. Meist wurden solche Flächen in früheren Jahren entwässert und umgebrochen, um sie landwirtschaftlich nutzbar zu machen. Nur wenn dies nicht gelang, blieben sie, meist eingezwängt in intensiv genutztes Grünland oder Ackerland, erhalten. Sie fielen dann aber oft brach. Genauso erging es offenbar unserer Einsatzfläche.
Das kleine Flachmoor wird von Hangquellen gespeist, deren permanente Wasserschüttung die intensive landwirtschaftliche Nutzung wahrscheinlich verhinderte. Dadurch konnte eine überdurchschnittlich große Artenvielfalt vor der Vernichtung bewahrt werden. So siedelt dort zum Beispiel das in Thüringen stark gefährdete Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis). Diese einst häufigste Feuchtwiesenorchidee Mitteleuropas ist zumindest im Flach- und Hügelland zur Rarität geworden. Da Deutschland im Zentrum des relativ kleinen Areals liegt, ist auch dessen Verantwortlichkeit für die weltweite Erhaltung dieser Orchideenart groß. Durch die seit 2013 wieder regelmäßig durchgeführte einschürige Mahd (2013 bis 2015 im Zuge des Referenzprojekts Artenschutz mit dem LPV Südharz-Kyffhäuser e.V.) konnte 2017 erstmals wieder eine Zunahme des Bestandes registriert werden.
In besagtem Flachmoor befindet sich zudem ein Massenbestand des gefährdeten Schmalblättrigen Wollgrases (Eriophorum angustifolium), das erst jüngst wieder entdeckt wurde, und sich durch die artgerechte Bewirtschaftung innerhalb weniger Jahre wieder etablierte. Im April und Mai bietet die kleine Wiese einen schon von weitem auffallenden Anblick: durch die weiße „Watte“ der tausenden Wollgrashalme, das Gelb der Sumpf-Dotterblumen, durch das Rot der Orchideen und die Farben vieler anderen Gräser und Kräuter. Rund 50 Gefäßpflanzenarten konnten auf der nur wenige hundert Quadratmeter messenden Wese nachgewiesen werden. Sie ist eine Säule der Biodiversität in der ansonsten überwiegend trockenen Rüdigsdorfer Schweiz.
Eine floristische Kostbarkeit ist auch das unscheinbare Sauergras Carex lepidocarpa (Schuppenfrüchtige Gelbsegge), das erst 2015 für das Gebiet entdeckt wurde und als Zeiger kalkreicher, magerer Flachmoore bezeichnet werden kann. Für die globale Erhaltung der Art ist Deutschland auch „hoch verantwortlich“.
Jede publizierte Art und jeder Beitrag über die Artenvielfalt unseres Landkreises ist eine Maßnahme gegen den Gipsabbau und gegen andere wirtschaftliche Zerstörungen. Denn nur eine informierte, sensibilisierte Öffentlichkeit und Politik können wirksam sein.
Mit zwei Freischneidern und fünf Harken rückten die acht Enthusiasten der Biomasse zuleibe. Damit imitierten wir frühere Nutzungsformen; in manchen Gebieten nutzten die Bauern das Mähgut nasser Wiesen als Einstreu für ihre Ställe.
Ein herzlicher Dank geht an alle Teilnehmer, die nicht nur einen wunderbaren Einsatz im goldenen Herbst, sondern auch ein gemütliches Beisammensein mit Picknick genießen konnten. Die drei jugendlichen Teilnehmer versprachen übrigens, wiederzukommen.
Bodo Schwarzberg; 18.10.2017