Pressemitteilung
BUND Kreisverband Nordhausen
Die nachhaltige Entwicklung der Gipskarstlandschaft erfordert eine neue Strategie der Konzerne
DER GIPS gehört in die BERGE!
Der BUND Kreisverband Nordhausen setzt mit der heutigen Aktion, die vom BUND
Niedersachsen und von den Naturfreunden Niedersachsen mitgetragen wird, ein Zeichen gegen die weitere unwiederbringliche Zerstörung dieser einmaligen Naturlandschaft.
Die Verbandsvertreter sind der Auffassung, dass es beim Gipsabbau im Südharz durchaus Parallelen zur Klimakrise durch den Braunkohleabbau gibt. In beiden Fällen sind die Auswirkungen gravierend und durch den Gipsabbau ebenso regionalübergreifend. Denn was unter dem Bagger verschwindet, ist nicht nur eine europaweit einmalige Landschaft, sondern auch eine Landschaft, die ein außerordentlich dichtes Artenspektrum aufweist. Wer den Gipskarst in die Gipsplatte oder die Gipstüte presst, der opfert nicht nur eine touristisch hoch attraktive Landschaft. Auswirkungen auf das regionale Klima sind mit dem VERlust von waldreichen Strukturen, aber auch dem Entfernen der Bodenkrume und den damit verbundenen Erosionserscheinungen, bereit vorhanden. In den letzten heißen Sommern bilden sich kleine Wirbelströmungen an den Tagebauen wie dem Alten Stolberg oder dem Kohnstein. Sie wirbeln feinste Bodenbestandteile in die umliegenden Ortschaften, Staub und Dreck werden durch die hohe Dichte an LKW Fahrten durch die umliegenden Gemeinden getragen-
Nicht nur der Tier- und Pflanzenwelt, auch den hier lebenden Menschen wird die Luft zum Atmen genommen. Zusätzlich geht mit dem Abbau der Halbmagerrasen oder Trockenrasen ein Artenschwund einher. Und dies alles nur, weil ein Industriezweig, dessen Stammwerke fernab der Region oder außerhalb von Deutschland ansässig sind, eine Strategie fährt, die auf „Alles oder Nichts“ hinaus läuft. Aber auch das „Alles“ endet im „Nichts“. Denn Gips ist endlich.
Jahrelang wurde vom Verband der Gipsindustrie der Einsatz von Rea-Gips mit dem Verweis auf ungenügende Qualität klein geredet. Da gab es an den Braunkohlestandorten bereits die großen Gipsfirmen, die das Produkt aus der Entschwefelung per Waggon oder per LKW in die Gipsfirmen brachte. Zeitgleich wurden riesige Lager an den Braunkohlekraftwerke etabliert, die einen Zugriff auf dieses Material noch für Jahrzehnte sichern. Schaut man sich jedoch die Zahlen des tatsächlichen Anfalls von Rea.Gips in Deutschland an, dann wird deutlich, dass seit Jahrzehnten nicht 1 Krume Naturgips hätte abgebaut werden müssen, so groß ist/war die Menge des Anfalls von Gips aus der Rauchgasentschwefelung. Für die Versorgung von Abnehmern für Spezialgips wie Formengipse hätte es genügt, 1 Steinbruch im Südharz in den Bundesländern Niedersachsen oder Thüringen zu betreiben.
Nun die neue Strategie: Das Kleinreden von tausenden Tonnen recycelfähigem Baustoffgips. Und das Ignorieren von Ersatzstoffen für Naturgips. Was da seit Jahrzehnten ungenutzt auf den Deponien oder Kalihalden in Deutschland landete, widersprach dem Ansinnen und den gesetzlichen Grundlage der Kreislaufwirtschaft. Die Politik hat z.B in Thüringen jahrelang geduldet, dass recycelfähige Baustoffgipse auf Deponien oder Kalihalden zur Abdeckung verbracht wurden. Ähnlich ist es beim Anfall von Chemiegipsen, wie Zitronensäuregipsen und Phosphorgipsen. Für hochwertige Medizinalgipse beispielsweise verwenden Marktführer keinen Naturgips, wie uns nur allzu gern mit Hinweis auf die Gipsbinde weisgemacht wird, sondern ausschließlich Gips, der bei der Produktion von Zitronensäure bzw. Milchsäure in ausreichend großer Menge anfällt.
Auch der Einsatz von Waschsäuregipsen aus der Buntmetallverhüttung im Baustoffsektor wird mit keinem Wort im neuen Entwurf des Regionalplanes Nordthüringen erwähnt, der der Bevölkerung 2018 präsentiert wurde und sich derzeitig in Überarbeitung befindet. Über 2000 Unterschriften wurden vom BUND gegen die neuen Vorranggebiete gesammelt. Derzeitig verhandelt man wieder hinter verschlossenen Türen. Wiederholt hat sich die Gipsindustrie mit ihren Forderungen gegenüber dem Land Thüringen eingeklagt, weitere Rohstoffvorratsflächen für die Ausweisung neuer Rohstoffvorrangflächen verfügbar zu machen. Aber dem nicht genug. Am „Alten Stolberg“ wird von der Firma Knauf die Abbaugenehmigung für eine Vorratsfläche bis in das Jahr 2090 mittels neuen Rahmenbetriebsplan angestrebt. Das sind 70 Jahre unveränderter Raubbau, der einem sparsamen Rohstoffeinsatz jegliche Notwendigkeit versagt. Mit dieser Strategie ist die Bundesregierung mit dem geschlossenen Pakt mit der Energiewirtschaft vor wenigen Jahren offensichtlich auf die Nase gefallen. Die Kosten dafür trägt heute der Verbraucher. Und das sind WIR. Hat die Politik im Südharz daraus nichts gelernt? Hat unser Ministerpräsident mit dem Wunsch auf die Bereitstellung von Abbauflächen für die Sicherung von Arbeitsplätzen in der Gipsindustrie den Gedanken der nachhaltigen Generationensicherheit ausgeschaltet? Ein WEITER so auf dem Rücken nachfolgender Generationen?
Das Unternehmen Ellricher Gipswerke/CASEA, dem Remondis Konzern zugehörig mit exklusiven Zugriffsrechten auf sog. Wirtschaftsgut im Baustoffsektor jeglicher Art, hat mit der Vorlage eines Rahmenbetriebsplanes für den Gipsabbau in einem 2019 ausgewiesenen Naturschutzgebiet im Thüringer Gipskarst, der Rüdigsdorfer Schweiz, dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Es wird geklagt, was die Rechtsberatung hergibt.
Der BUND Kreisverband Nordhausen ist der Auffassung, dass es im Sinne einer nachhaltigen Firmenstrategie und dem von den Gipsunternehmen angestrebten Wunsch nach Akzeptanz in der Region, sinnvoller wäre, das in Gutachten und Rechtsanwälte investierte Geld in eine nachhaltige Produktentwicklung mittels Substituten zu stecken. Die heimische Bevölkerung einschließlich der im Unternehmen Beschäftigten würde diesen Sinneswandel mit Sicherheit begrüßen. Die Fortführung der Gipsgewinnung im Untertagebau, das Strecken von Baustoffen aus Naturgips mit nachwachsenden Rohstoffen sind nur einige Möglichkeiten, die zeitnah umgesetzt werden könnte. Der „Blaue Engel“ auf einer nachhaltig produzierten Gipsplatte würde den Verbraucher in die Entscheidung einbeziehen, die Gipskarstlandschaft dort zu belassen, wo sie hingehört, nämlich in die BERGE.
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